Auch viele junge Männer leiden unter häufigem Harndrang

Nicht nur ältere, auch viele junge Männer leiden unter häufigem Harndrang

Ständig auf der Suche nach der nächstgelegenen Toilette? Das hilft jungen Männern mit häufigem Harndrang

Es passiert ohne Vorwarnung: Überfallartig und zwingend müssen Sie auf die Toilette. Jetzt, sofort — nicht später, wenn’s gerade passt, sondern in diesem Moment! Und dann stehen Sie endlich vorm Urinal und merken: Obwohl Sie so dringend pinkeln mussten, fließt gar nicht viel Urin?!

Wer leidet unter einer Reizblase?

Sie glaubten bestimmt, das beträfe nur Frauen, richtig? Die jammern doch ständig, dass sie auf die Toilette müssten. Falsch: Auch bis zu ein Drittel der Männer sind betroffen. Das ist die harte Realität. Und wenn Sie jetzt denken: Klar, das ist so ein Prostata-Ding, darum kümmere ich mich, wenn ich 50+ bin — nun, dann liegen Sie wieder daneben.

Die im Volksmund genannte „Konfirmandenblase“ tritt altersunabhängig auf. Denn ihre Ursachen sind unterschiedlich. Es kann quasi jeden treffen — und manchmal ist die Reizblase durch kontraproduktives Verhalten sogar selbst verschuldet! Wir sagen Ihnen, was gegen den häufigen Harndrang hilft und wie oft aufs Klo zu gehen normal ist.

>>> Das bedeutet die Urinfarbe für Ihre Gesundheit

Typisch für eine Reizblase: Der Harndrang ist groß, die Urinmenge gering

Typisch für eine Reizblase: Der Harndrang ist groß, die Urinmenge gering

Welche Ursachen hat häufiger Harndrang?

Die eine Ursache für eine überaktive Blase (engl. Overactive bladder, verkürzt: OAB) ist bisher nicht bekannt. „Es gibt eine Vielzahl von Erkrankungen, die eine Reizblase auslösen können“, weiß Dr. med. Susanne Vogel, Leitung des urologischen Ambulanzzentrums am Universitätsklinikum Eppendorf in Hamburg (UKE). Wenn Sie bei einem Urologen vorstellig werden (und das sollten Sie), wird dieser deshalb zunächst nach einer sogenannte Ausschlussdiagnose vorgehen und Sie auf folgende mögliche Ursachen untersuchen:

  • Organische Ursachen: Hinter dem häufigen Harndrang können bakterielle oder nicht-bakterielle Harnwegsinfektionen stecken, aber auch Blasensteine. Auch Blasen-Tumore können eine Reizblase verursachen: Das Volumen der Blase verkleinert sich durch den Tumor, weshalb Mann öfter Harndrang verspürt. Aber: „Bei einem Tumor tritt oftmals Blut im Urin als weiteres Symptom auf“, so Vogel. Erst bei Männern ab etwa 50 Jahren kann eine Prostatavergrößerung der Grund für einen vermehrten Harndrang sein. Grund für das Wachstum der Prostata ist die hormonelle Veränderungen im Alter.
  • Neurologische Ursachen: Hier können fehlerhafte Weiterleitungen von Nervenimpulsen eine Ursache sein. Probleme beim Wasserlassen und Urinverluste können zudem auf noch nicht erkannte Krankheiten wie Morbus Parkinson und Multiple Sklerose hindeuten. Sind diese Ursachen ausgeschlossen, kann es sich bei einer Reizblase noch um eine sogenannte idiopathische Erkrankung handeln.
  • Idiopathische Erkrankung: Darunter fällt etwa antrainiertes Verhalten. „Wenn man ständig auf Toilette geht, obwohl es körperlich noch gar nicht notwendig ist, merkt sich der Körper das natürlich“, so Vogel. In solchen Fällen spricht der Mediziner von einem „Eigen-Leiden“ oder idiopathischen Erkrankung, weil es keine organische Ursache gibt. Heißt: Das Symptom selbst ist die Krankheit. Es ist eine Diagnose, die tatsächlich sehr häufig gestellt wird, so Vogel.

>>> Das sollten Sie über Prostata-Krebs wissen

Welche Symptome hat eine Reizblase?

Häufiger Harndrang bedeutet in Zahlen, dass Sie mehr als 10-Mal pro 24 Stunden auf die Toilette zum Wasserlassen müssen, so Vogel. Das gilt bei einer normalen Trinkmenge von 1,5 bis 2 Liter am Tag. Wer mehr trinkt, muss natürlich öfter. Es gibt auch harntreibende Flüssigkeiten wie Kaffee, Tee oder Alkohol. „Da muss jeder häufiger auf die Toilette“, beruhigt die Expertin. Bei einer Reizblase wird das natürlich noch verstärkt.

>>> So viel Urin passt in die Blase 

Auch wenn diese Faktoren zutreffen, spricht man von „häufigem Harndrang“:

  • Geringe Menge Urin: Pro Toilettengang wird nicht wirklich viel Urin ausgeschieden. Vor allem im Vergleich dazu, wie groß der Drang ist, zur Toilette zu müssen.
  • Zwingend zum WC: Das ist der sogenannte imperative Harndrang. Bedeutet: Der Harndrang kommt überfallartig und Sie müssen — jetzt — auf die Toilette. Ein Verzögern ist nicht möglich, ansonsten gibt es „unwillkürliche Urinverluste“. Heißt: Sie pinkeln sich in die Hose.
  • Schmerzen und Krämpfe: Zum Ende des Wasserlassens kann es sein, dass sich der Blasenmuskel krampfhaft zusammenzieht. Die Folge: Schmerzen in der Harnröhre bis hinauf in den Unterbauch. Auch ein Nachtröpfeln von Urin ist möglich, wenn Sie längst „ausgepinkelt“ haben.

Wer unter häufigem Harndrang leidet, versucht stets in WC-Nähe zu bleiben

Wer unter häufigem Harndrang leidet, versucht stets in der Nähe einer Toilette zu bleiben

>>> Das hilft bei Erektionsproblemen unter 30 Jahren

5 ​Tipps gegen häufigen Harndrang

  1. Verhaltenstraining: „Hier wird das Hinauszögern oder Reduzieren des Wasserlassens trainiert“, sagt Vogel. Hintergrund ist oftmals jenes kontraproduktive Verhalten, das viele kennen: „Ich muss zwar nicht, aber die 2 Bier und der Espresso machen sich bestimmt zügig bemerkbar und gleich bin ich auf der Autobahn für 3 Stunden — ich gehe lieber jetzt schon mal auf die Toilette.“ Das kann unangenehm enden. Wer präventives Wasserlassen zu häufig praktiziert, bei dem kann im Hirn ein neuer Stimulus aktiviert werden: Ihre Blase signalisiert dann, dass Sie auf die Toilette müssen, obwohl sie längst nicht gefüllt ist. 

    Ein mit einem Arzt – das kann ein Urologe, aber auch ein Psycholge sein – abgesprochenes Training hilft dieses Verhalten zu durchbrechen. So führen Sie etwa ein Tagebuch über Ihr Wasserlassen und versuchen peu à peu, die Intervalle dazwischen zu verlängern.

  2. Medikamente: Durch spezielle Medikamente werden die Rezeptoren an der Blase blockiert, die für die Reizweiterleitung verantwortlich sind. „Dadurch werden die Blasenkrämpfe reduziert, zudem wird dem Hirn seltener signalisiert, dass die Blase voll ist“, so Vogel. Nebenwirkungen: Da die Medikamente auf das vegetative Nervensystem einwirken, kann es zu Verstopfungen oder auch unkontrolliertem Wasserlassen kommen.
  3. Bio-Feedback-Therapie: Das ist eine Elektrostimulationstherapie, die Sie zu Hause durchführen können. Dabei werden Elektroden auf den Beckenboden und den Damm geklebt. „Das soll letztlich zu einer besseren Kontrolle der Blase und des Beckenbodens führen“, erklärt Vogel. Die Therapie erfordert etwas Geduld, da man über einen längeren Zeitraum jeden Tag mit den Elektroden trainieren muss.
  4. Invasive Therapie: Per Blasenspiegelung unter Narkose wird Botox in den Blasenmuskel gespritzt. Der Effekt: Die Signalübertragung soll, ähnlich wie bei einer Medikamenten-Therapie, gehemmt werden, sodass Sie weniger den Drang verspüren, auf die Toilette gehen zu müssen. Nachteil: Wie bei der Schönheitschirurgie lässt die Wirkung nach etwa einem halben bis einem Jahr nach. Gegebenenfalls muss die Botox-Behandlung wiederholt werden.
  5. Psychosomatische Diagnose: Da bei der Reizblase häufig keine organische Ursache festgestellt werden kann, können seelische Probleme durchaus eine Rolle spielen. Denn: Die Reizblase gilt mitunter als Ersatzsymptom für beispielsweise phobische Angst. Mithilfe eines Psychotherapeuten, Psychologen oder Psychiaters wird diesen Ängsten auf den Grund gegangen. Im besten Fall löst sich dann auch das Problem mit der Reizblase.

>>> Die besten Anti-Stress-Strategien für Männer

Fazit: im Zweifelsfall zum Urologen

Eine Reizblase tritt altersunabhängig auf, weil die Symptome eine Vielzahl von Ursachen haben können. Wenn die Symptome länger anhalten, rät die Expertin: „Suchen Sie auf jeden Fall einen Urologen auf, um schlimmere Ursachen auszuschließen.“ Und um künftig entspannter durchs Leben zu gehen. Denn eine Reizblase kann die Lebensqualität stark beeinträchtigen.